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4. März 2014

Grenzbebauung – Risiko für den Bauherren

Wir haben soeben beim Verwaltungsgericht Potsdam für unseren Mandanten ein Urteil erstritten, in dem zulasten des Nachbarn eine Grenzbebauung für rechtswidrig erklärt wurde. Das wäre für sich noch kein Grund für eine Veröffentlichung. Wichtig ist jedoch Folgendes festzuhalten:

1. Wenn dem Nachbarn eine Baugenehmigung nicht förmlich zugestellt wird, hat er nach dem Gesetz grundsätzlich ein Jahr Zeit, die Genehmigung anzufechten. Davon gibt es jedoch ganz erhebliche Ausnahmen. Mit dem Argument der „Verwirkung“ kann dem Nachbarn das Recht zur Bekämpfung der Genehmigung bestritten werden, wenn er sich bei Beginn der Bauarbeiten nicht unverzüglich um die Klärung bemüht, ob eine Baugenehmigung vorliegt. Verschärft wird das Problem nach Ansicht des Gerichts noch dadurch, dass es nicht auf die Kenntnis des Nachbarn von der Bautätigkeit ankommt. Aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis folge, dass es nur auf die Erkennbarkeit ankomme. Verbringt der Nachbar also z.B. das Winterhalbjahr auf Mallorca, kann es sein, dass er nach seiner Rückkehr die Genehmigung eines zwischenzeitlich begonnenen Bauvorhabens nicht mehr anfechten kann.

Beispiel für kritische Grenzbebauung - News Anwaltskanzlei Leipzig

Ein solcher Grenzbau kann ohne Zustimmung des Nachbarn nicht genehmigt werden

2. Selbst wenn die Genehmigungsbehörde das Vorhaben – hier handelte es sich um die hotelähnliche Nutzung eines Denkmals – fördern will, kann sie nicht einfach mit einer sog. Abweichung einen Dispens von den Abstandsflächen erteilen. Dieses Instrument soll nur ungünstige Grundstückszuschnitte ausgleichen helfen, jedoch nicht das Abstandsflächenrecht aushebeln.

3. Wie die unterlegene Behörde nun vorgeht, bleibt abzuwarten. Wir werden den Anspruch unseres Mandanten auf Abriss durchsetzen, wenn es nicht doch noch zu einer Einigung kommt. Im Fall des Abrisses wird die Behörde dem Bauherrn nicht nur die Bau- und Abrisskosten wegen einer Amtspflichtverletzung zu erstatten haben. Möglicherweise rechnet sich das gesamte gewerbliche Vorhaben nach dem Abriss des seitlichen Grenzflügels nicht mehr. Der Bauherr sprach vor Gericht von zu erwartenden Schäden zwischen 500.000,– und einer Million Euro.

Folgerungen für die Praxis:

Rechtzeitig Rechtsrat einholen vor größeren Bauvorhaben durch einen im Baurecht erfahrenen Anwalt. Der haftet dann auch für seinen Rat. Architekten sind insoweit häufig überfordert und bewegen sich auf sehr dünnem Eis.

Und sich abstimmen mit dem Nachbarn! Hier hätte sich der Bauherr mit einer vorher sogar schon vereinbarten Dienstbarkeit großen Ärger und extrem viel höhere Kosten ersparen können.

4. März 2014